Als ich in die Wechseljahre kam, freute ich mich, dass ich kaum Symptome hatte. Freundinnen, Bekannte und Klientinnen berichteten mir von ihren Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Hitzewallungen und Gewichtsproblemen. Ich fühlte mich weitgehend normal. Ich schwitzte nachts ab und zu ein bisschen, aber die Beeinträchtigung war minimal.
Was würdest du bereuen, wenn morgen dein letzter Tag wäre? 8 Thesen über Selbstverwirklichung, authentisches Leben und persönliche Entwicklung
Wenn ich heute über die Vergangenheit nachdenke, entdecke ich einiges, das ich aus heutiger Sicht anders machen würde. Manches bereue ich sogar. Vielleicht geht es dir da ähnlich? Es gibt immer wieder Dinge und Fehler, die sich wiederholen. Dennoch können wir jederzeit innehalten und uns fragen: Was habe ich aus meinen bisherigen Erfahrungen gelernt? Was ist mir gut gelungen? Was würde ich in Zukunft anders machen? Und was gilt es zukünftig zu vermeiden?
Viele Menschen ziehen spätestens am Ende ihres Lebens ein persönliches Resümee. Vor einigen Jahren las ich das spannende Buch von Bronnie Ware „5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen“. Es hat mich sehr berührt und zu diesem Artikel inspiriert. Damit wir möglichst wenig bereuen, können die Erkenntnisse der Sterbenden jetzt bereits eine Inspiration sein. Sie helfen uns dabei, zu erkennen, was wirklich wichtig im Leben ist und was es für unsere persönliche Entwicklung bedeutet.

Was können wir von Sterbenden lernen?
Bronnie Ware ist Krankenschwester, Bestsellerautorin und Songwriterin. Sie hat viele Sterbende in deren letzten Lebensabschnitt begleitet und mit ihnen lange Gespräche geführt. Dabei tauchten bestimmte Themen und Fragen immer wieder auf. Zentral war die Auseinandersetzung mit der Frage: Was bedauere ich und was hätte ich aus heutiger Sicht anders gemacht? Aus den vielen Gesprächen haben sich fünf Aspekte herauskristallisiert, die von Sterbenden besonders häufig genannt wurden.
Mir gemäss leben
„Ich wünschte, ich hätte ein mir gemässes Leben gelebt und nicht das Leben, das andere von mir erwartet haben.“ Das haben die Sterbenden am häufigsten bedauert. Wenn Menschen bewusst wird, dass sich ihr Leben dem Ende zuneigt, wird es deutlich, wie viele Träume unerfüllt geblieben sind. Viele berichteten, dass sie nicht einmal die Hälfte ihrer Träume verwirklicht hatten. Leider mussten sie mit der Gewissheit sterben, dass es so gewesen ist.
Als ich das gelesen habe, konnte ich sehr stark den Schmerz und das Bedauern dieser Menschen fühlen. Die Frage: „Lebe ich mir gemäss oder entsprechend der Erwartungen der Anderen?“ Begegnet mir in meinem eigenen Leben und in der Arbeit mit Klienten häufig. Wahrscheinlich gibt es wenig Menschen, die von sich behaupten können, ihr Leben entspricht ihnen in allen Bereichen zu 100 Prozent. Nichtsdestotrotz lohnt es sich, in periodischen Abständen zu überprüfen: Wo stehe ich gerade? Wo lebe ich mir gemäss und wo nicht? Vielleicht ist das ein erster, passender Schritt zu einem noch authentischeren Leben.
Leben anstatt nur zu arbeiten
Viele der männlichen Patienten, die Bronnie begleitet hat, sagten: „Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet.“ Sie bedauerten, dass sie nicht mitbekommen hatten, wie ihre Kinder aufgewachsen sind. Und viele von ihnen hatten auch zu wenig Zeit mit ihren Ehefrauen oder Partnerinnen verbracht. Diese Männer bereuten es zutiefst, so viel Zeit ihres Lebens in den Tretmühlen der Arbeitswelt verbracht zu haben. Frauen äusserten dieses Bedauern auch, aber weil die meisten Sterbenden, die Bronnie betreut hat, einer älteren Generation angehörten, war dies seltener der Fall. Nur wenige Frauen waren damals, als das Buch entstanden ist, voll erwerbstätig. Heute ist das natürlich anders. Wahrscheinlich würden sterbende Frauen, die voll erwerbstätig waren, ähnlich bedauern, mit ihrer Familie oder ihren nächsten Angehörigen wenig Zeit verbracht zu haben, gerade weil heute viel Frauen ebenfalls beruflich stark eingespannt sind.
„Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meine Gefühle zu zeigen“
Die beiden folgenden Passagen aus dem Buch von Bronnie haben mich sehr berührt. Hier kamen Sterbende direkt zu Wort: „Wir müssen lernen, unsere Gefühle jetzt auszudrücken“. Betonte Jude. „Nicht, wenn es zu spät ist. Keiner von uns kann wissen, wann es zu spät ist. Sag den Menschen, dass Du sie liebst. Sag ihnen, dass du sie zu schätzt weisst. Wenn sie deine Ehrlichkeit nicht mögen oder anders reagieren als du es dir erhofft hattest, ist das egal. Wichtig ist nur, dass du es ihnen gesagt hast.“
„Die Reaktion der anderen ist ihre Sache, so wie auch nur wir für unsere eigenen Reaktionen verantwortlich sind. Während die Mauern, die ich um mich herum errichtet hatte, Ziegel für Ziegel abgebaut wurden, spürte ich ein steigendes Bedürfnis mich mitzuteilen. Es wurde mir wichtiger auszudrücken, wer ich war. In anderer Hinsicht wurde es aber auch weniger wichtig, weil es mir immer weniger ausmachte, wie andere mich sahen. Letztendlich ging es wahrscheinlich hauptsächlich darum, wie ich mich selber wahrnahm. Ich wollte ab jetzt bedingungslos aufrichtig und mutig sein.“
Wir leben in einer Gesellschaft, in der es nicht unbedingt erwünscht ist, seine Gefühle zu zeigen. Ich beobachte häufig die Extreme: Wir sollen unsere Gefühle nicht preisgeben und der andere Pol ist ein scharmloser Exhibitionismus, wo das Privateste nach aussen gekehrt wird. Was ist nun das richtige Mass?
Ich kenne viele Menschen, die ihr Leben lang ihre Gefühle unterdrückt haben. Häufig taten sie es, weil sie die Harmonie aufrechterhalten wollten oder generell um des lieben Friedens willen oder weil sie gelernt hatten, dass es wichtiger ist, sich zu fragen, wie die Anderen sie wohl beurteilen und bewerten werden. Dann gibt es die Angst sich zu zeigen, weil jemand mit Ablehnung oder Bestrafung rechnet. In allen Fällen führte das dazu, dass sich die Betroffenen mit einem Dasein zufriedengaben, das ihnen nicht wirklich entsprach. Sie konnten sich nie zu jenem Menschen entwickeln, der sie von ihrem Potential her hätten sein können.
Auch in meiner Praxis erlebe ich es immer wieder, was es in uns Menschen auslöst, wenn wir unsere Gefühle zu sehr oder zu lange unterdrücken. Die Medizin geht mittlerweile davon aus, dass einige Krankheiten auf unterdrückte Emotionen, Verbitterung und Unzufriedenheit zurückzuführen sind. Ich denke, wir sollten uns alle an der eigenen Nase packen und regelmässig prüfen, wo wir unsere Gefühle nicht ausreichend zulassen und ausdrücken.
„Ich wünschte, ich hätte den Kontakt zu meinen Freunden gehalten“
Ich zitiere hier wieder die Aussage der Sterbenden aus dem Buch von Bonnie: „Freundschaften bieten gemeinsame Geschichten und Verständnis. Wenn die Patienten auf ihr Leben zurückblicken, stellen sie oft fest, dass sie gerne Freunde hätten, mit denen sie sich gemeinsam erinnern könnten. Es wird immer Leute geben, die kommen und gehen, auch Freunde. Aber mit denen, die wirklich wichtig sind, mit denjenigen, die sie am meisten lieben, in Kontakt zu bleiben, ist jede Anstrengung wert.“
Häufig erkannten die Sterbenden erst in ihren letzten Wochen, wie wertvoll ihre alten Freunde waren. Viele von ihnen waren von ihrem Leben dermassen eingespannt gewesen, dass sie ihre Freunde über Jahre hinweg vernachlässigt hatten und zu dem Zeitpunkt, als ihnen das klar wurde, war es manchmal nicht mehr möglich, die alten Freunde wieder aufzufinden. Das verursachte bei ihnen ein tiefes Bedauern, denn jeder vermisst seine Freunde zum Zeitpunkt des Todes.
Ich erlebe es gerade bei meiner alternden Mutter: Sie vermisst ihre Freunde, ist aber nicht mehr in der Lage, den Kontakt eigenständig herzustellen. Heute ist mein Bruder mit ihr zu einer alten Freundin gefahren, die ebenfalls in einem Altersheim lebt. Die beiden Frauen erleben den Wert Ihrer Jahrzehnte alten Freundschaft und schauen sich heute Bilder von gemeinsamen Reisen an.
„Ich wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein“
Erstaunlicherweise ist das ein häufig getroffene Aussage. Viele Menschen realisieren erst am Ende, dass das Glücklichsein eine persönliche Wahl ist. Sie blieben in alten Mustern und Gewohnheiten gefangen. Die Angst vor Veränderung brachte sie so weit, während vieler Jahre ihrem Umfeld und auch sich selber vorzugaukeln, dass sie zufrieden mit ihrem Leben seien. Obwohl sie sich tief in ihrem Innern z.B. danach sehnten, von Herzen zu lachen, Unbeschwertheit, spielerisch und albern zu sein in ihr Leben zu lassen.
Eine Passage im Buch lautete dazu: „Wissen Sie, ich hatte immer das Gefühl, dass ich es nicht verdiene, glücklich zu sein. Meine gescheiterte Ehe befleckte den Ruf und Namen meiner Familie. Wie kann ich glücklich sein?“ fragte sie mit einer Ehrlichkeit, die mir ans Herz ging.“ Laut dem Buch hatte die Betroffene es in den letzten Wochen ihres Lebens geschafft, ihr Glück zu finden und zu leben. Sehr berührend! Und was können wir aus all dem ziehen?
Aus den fünf Hauptaussagen habe ich für mich selbst acht Thesen entwickelt, die ich wichtig finde. Vielleicht inspirieren sie dich.
8 Thesen, die dein Leben verändern
- Nutze deine Zeit, sorge für dich und deine Gesundheit. Gesundheit bringt uns eine Freiheit, die wir schätzen und nutzen sollten. In dem Moment, in dem wir unsere Gesundheit verlieren, ist es viel herausfordernder, wieder gesund zu werden.
- Werde dir klar über deine Träume. Frage dich: Wenn ich dieses nicht umgesetzt hätte, würde ich das am Ende meines Lebens bereuen? Diese Frage hilft bei der Priorisierung. Wähle mindestens einen Traum, fasse ihn klar und setze dich Schritt für Schritt für seine Verwirklichung ein. Das ist gelebte Selbstverwirklichung.
- Schaffe Raum für dich selber! Indem du mehr Raum in deinem Leben schaffst, wirst du glücklicher und offener gegenüber neuen Möglichkeiten. Erst durch diesen Raum können wir herausfinden, was genau zu unserem authentischen Lebensstil passt.
- Nimm deine eigenen Bedürfnisse ernst. Arbeit ist wunderbar und für viele von uns sehr wichtig. Doch sie ist nicht alles und kann nicht alle unsere Bedürfnisse abdecken. Die eigenen Bedürfnisse ehrlich wahrzunehmen und sie uns selber einzugestehen, ist ein wichtiger Aspekt für ein erfülltes Leben. Wann fängst du damit an? Vielleicht ist genau das der Schlüssel zur persönlichen Entwicklung.
- Zwei wichtige Themen im Leben sind Liebe und Beziehungen. Für jeden, der ein geschäftiges Leben führt, ist es scheinbar normal, Freundschaften zu vernachlässigen und zu wenig Zeit für Sozialkontakte zu finden. Dennoch sollten wir unser menschliches Bedürfnis nach Kontakten nicht aus den Augen verlieren. Wenn man mit dem Tod konfrontiert wird, verlieren manche Details an Bedeutung. Bronnie Ware stellte dazu fest: „In den letzten Wochen reduziert sich das Leben auf die beiden Themen „Liebe und Beziehungen“.
- Was denken die Anderen? Wenn wir im Sterben liegen, rückt das, was andere vielleicht von uns denken, in weite Ferne. Wenn wir das heute schon wissen, können wir uns eigentlich jetzt schon von dem einen oder anderen „Was denkt der andere über mich“ verabschieden, oder?
- Wie schaffen wir es, uns von den Reaktionen der anderen weniger beeindrucken zu lassen? Wir können die Reaktionen der Anderen nicht kontrollieren. Manchmal kommt es vor, dass andere Menschen zuerst negativ darauf reagieren, wenn wir uns verändern. Am Ende werden sich unsere Beziehungen durch die eigene Entwicklung und Verwandlung verändern. Konkret heisst das in Bezug auf jede Beziehung, entweder begibt sich die Beziehung auf ein neues, gesünderes Level oder die ungesunde Beziehung wird aus deinem Leben verschwinden. So oder so wirst du gewinnen.
- Sei glücklich und geniesse dein Leben! Wie schön wäre es, wenn wir uns alle mehr erlauben würden, wir selbst zu sein. Stelle dir vor, wie die Welt dann aussehen würde. Das ist auf jeden Fall ein wichtiger Meilenstein für ein authentisches Leben. Ich habe in diesem Monat wieder erlebt, wie wichtig Kultur für mich ist. In Basel waren so viele öffentliche Kulturereignisse. Sie zu erleben, ist für mich Lebensgenuss und öffnet die Freude. Was ist es für dich?
Diese acht Thesen sind mein Fazit. Was wäre deine neunte These? Ich freue mich, wenn du deine Gedanken oder Erfahrungen in den Kommentaren mit mir teilst.
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